Väter –

ein oftmals anderer Umgang
mit Trauer

Der Moment wo deine Welt stillzustehen scheint. Alle Träume, Wünsche und Pläne bleiben vorerst unerfüllt. Du hast dich so sehr auf dein Kind gefreut. Und nun ist alles anders gekommen. Du bist Papa eines Sternenkindes. Ein unermesslicher Schmerz, so viele Fragen ohne Antworten. So vieles, das du nicht zu begreifen vermagst. So vieles, das jetzt von dir erwartet wird oder du selbst von dir erwartest.

Du empfindest wahrscheinlich ein Bedürfnis nach Hilfe und Unterstützung, aber dem stehen oft die eigene Haltung oder auch gesellschaftlich viel zitierte Sätze entgegen. Wie z.B. „Reiß dich zusammen!“, „Du musst jetzt stark sein!“, „Beiß die Zähne zusammen!“, „Du musst jetzt für deine Familie da sein!“.

„Ich muss stark sein, ich muss die Stellung halten, wenn alles um mich herum ins Wanken gerät. Ich darf nicht schwach sein.“

 

Solche und ähnliche inneren Dialoge führen verwaiste Väter oftmals mit sich. Nach außen hin muss die Form gewahrt werden, während im Inneren das Chaos herrscht. Der Tod eines Kindes hat einen Kontrollverlust ausgelöst und macht deutlich, dass nichts beeinflussbar oder kontrollierbar ist. Du fühlst dich machtlos und ausgeliefert. Der Tod eines Kindes bringt die biologische Logik im Familienleben durcheinander. Es ist schwierig, seine eigene Trauer und die Trauer seiner Frau und Kinder mit zu erleben und zu verarbeiten.

Trauer ist ein starkes, schweres und überwältigendes Gefühl. Es ist wichtig, dass über die Trauer und die begleitenden Gefühle gesprochen wird. Die Trauer kann sich unterschiedlich ausdrücken: Traurigkeit, Wut, Angst, Erschöpfung, Zweifel, usw. Du wirst vielleicht merken, dass du das nicht für dich alleine verarbeiten kannst und dass es sehr wichtig ist über die Trauer und das Erlebte zu sprechen. Das kann ein Freund sein, die Partnerin, in einem Gesprächskreis, eine Trauerbegleitung oder auch bei einem Psychologen. 

Du fragst dich vielleicht: „Ist das eigentlich alles richtig; noch normal wie ich reagiere? Darf das sein, dass es mich so nachhaltig beschäftigt und verändert, oder sogar zu Boden wirft?“ Hierzu ein Zitat von Viktor E. Frankl (Neurologe und Psychiater): „In einer unnormalen Situation sind alle unnormalen Reaktionen eben ganz normal“


OHNMACHT – WUT – VERZWEIFLUNG – ENTTÄUSCHUNG – HILFLOSIGKEIT

Es ist wichtig und hilfreich zu verstehen, dass in einer Trauerkrise in der Regel ein Andrang an Gefühle, und zwar nicht nur eines einzelnen, sondern eines Nebeneinanders und Durcheinanders von zum Teil auch widersprüchlichen Gefühlen erlebt werden kann. Manchmal können sich die Empfindungen und Gedanken sogar innerhalb eines Tages mehrfach verändern.

Die Ohnmacht auszuhalten ist oftmals äußerst schwer. Die eigene Lage aushalten zu lernen bedeutet aber nicht zwangsläufig, sich in passives Abwarten zu begeben. Ganz im Gegenteil, es erfordert eine aktive Auseinandersetzung mit dem was geschehen ist, den eigenen Gefühlen Raum geben und annehmen, sich selbst beobachten… Hier könnte z.B. eine Art Tagebuch hilfreich sein. Oder kreativ tätig sein, auf welche Weise auch immer (z.B. Fotografie), kann ein möglicher Weg sein sich auszudrücken, wenn es mit Worten grad nicht so gut funktioniert.
Wir wünschen dir den Mut und die Kraft für DEINEN ganz eigenen Trauerweg.

 
An Freunde, Verwandte, Kollegen usw. von einem Sternenpapa

Eine Todeserfahrung hinterlässt eine große Hilflosigkeit und Ohnmacht. Gefühle, mit denen ein Umgang gefunden werden muss. Der trauernde Vater zieht sich in seinen eigenen Schutzraum zurück, um sich dort mit seinen Gefühlen auseinanderzusetzen. Meist fehlen ihm Vorbilder, die ihm zeigen, wie er mit seiner Ratlosigkeit, Hilflosigkeit, Wut, Niedergeschlagenheit und Verzweiflung umgehen kann. Das Rollenbild des Mannes hat es bisher nicht wirklich vorgesehen, sich öffentlich seinen Gefühlen zu stellen und diese vor allem zuzulassen. Auch das Umfeld der Väter wie Freundeskreise, Sportvereine oder die Kollegen am Arbeitsplatz wissen oft nicht, wie sie sich in dieser Situation verhalten sollen. Erhält der trauernde Vater in den ersten Wochen nach dem Verlust noch Unterstützung und Zuspruch, versickert diese Zuwendung größtenteils wieder und es wird erwartet, dass alles wieder „normal“ zu laufen hat.

Auch Zynismus, vermeintliche Abgeklärtheit und Ironie können bei Männern in einer Trauerkrise oft auftreten. Für Außenstehende kann es sehr irritierend sein, aber auch dies ist eine Form von männlicher Krisen- und Trauerkommunikation.

Sport und Arbeit sind typisch männliche Strategien gegen die Ohnmacht. Weitermachen, erst mal funktionieren – solange es irgendwie geht. Nach dem Motto „wenn schon meine ganze Welt nicht mehr so funktioniert, wie ich es gewohnt war, dann muss doch wenigstens ICH irgendwie funktionieren.“

Wie könntest du einem Sternenpapa begegnen, unterstützen?

◆ Frage ihn wie es ihm geht, wie er sich fühlt?
◆ Wenn du den Eindruck hast, dass du ihn als „anders“ (wechselhaft, durcheinander, verschlossen,…) wahrnimmst, kannst du ihm das sagen
◆ Gestehe ihm zu, zu schweigen wenn ihm danach ist, bedränge ihn dann nicht
◆ Erwähne den Namen seines verstorbenen Kindes
◆ Sei da, höre zu oder schweige mit ihm
◆ Frag ihn was er sich gerade von dir wünscht und akzeptiere jedwede Antwort
◆ Unterstütze ihn darin nicht immer „stark sein“ zu müssen
◆ Zeige Verständnis für seinen Schmerz, seine Trauer
◆ Gib ihm Halt und Zuspruch
◆ Gib ihm alle Zeit, die er braucht

Wir hoffen hiermit den Blickwinkel ein wenig zu erweitern, und dass dadurch Väter in ihrer Trauer besser wahrgenommen und respektiert werden können.
Väter trauern oftmals anders. Und das darf auch so sein!